Dazu die orange blühenden Flammenbäume und die zarten Blüten der Mangobäume, strahlend weiße Schlafmohn-Felder für die streng limitierte Opiumgewinnung, üppige Gemüsegärten mit Auberginen, Tomaten, Chili, Baumwoll- und Senf-Felder. Am Wegesrand blühen Bougainvillea, rosa Oleander und lila Hibiskus. Unsere wintermüden Augen saugen die leuchtenden Sommerfarben gierig auf. Die trittsicheren Pferde tragen uns durch die steinigen Ausläufer der Aravalli Berge und über die fruchtbare Malwa-Ebene, bis hin zu sandiger, savannenähnlicher Landschaft, die ideal für herrliche Galopps ist. An einem Tag führt uns der Ritt in das Naturschutzgebiet Sita-Mata, das Leoparden, Gazellen und Antilopen beheimatet. Wir sehen leider keins dieser scheuen Tiere, dafür umso mehr Hanuman-Affen, die sich über die Reste unseres Mittagspicknicks freuen. Kaum ein Fleck in Indien ist menschenleer, selbst auf Feldwegen kommen uns Motorräder entgegen – mit mindestens vier Personen besetzt, alle ohne Helm, dafür mit wehendem Sari, der Fahrer am Handy. Wir treffen auf Traktoren, bunter geschmückt als jeder Weihnachtsbaum, mit schillerndem Lametta, Blumenketten, Glöckchen, Schleifen, Bändern und Bommeln, begleitet von dröhnender Hindi-Techno-Musik. Auf Schritt und Tritt begegnen wir heiligen Kühen, und respekt- einflößenden Wasserbüffeln, bunten Ziegen, Schafen, Schweinen und mehr. Der Ritt durch das indische Landleben ist für uns wie eine Zeitreise: Ochsenkarren, Dreschflegel oder Handsicheln sind in Indien noch im täglichen Gebrauch. Unkraut wird per Hand gezupft, das Getreide mit der Sichel geerntet und in Garben aufgestellt. Oft sieht man ganze Familien auf den Feldern: die jungen Frauen bei der Arbeit, die Älteren hüten im Schatten die Kinder. Auch wenn das Leben auf dem Land hart und mühsam ist, sehen wir Zufriedenheit und Lebensfreude in den Gesichtern - etwas, was uns in unserem modernen, aber hektischen Alltag oft fehlt, was mich nachdenklich stimmt. Am Nachmittag fahren wir zum Bambora Karni Fort, einer mächtigen Burganlage, die zu einem Viersternehotel umgebaut wurde. Wir erfrischen uns im Pool, der von vier wasserspeienden Marmor-Elefanten gesäumt ist. Auch in den nächsten Tagen gibt es immer wieder zusätzliche Programme, zum Beispiel die Fahrt mit einem Ochsenkarren oder der Auftritt von Musikern und Tänzerinnen am Lagerfeuer. Beeindruckend ist auch die „Show“, die die Natur zu bieten hat: Wir campieren an einem großen See, den unzählige Wasservögel bevölkern, von Haubentauchern, Enten und Reihern bis hin zu den eleganten Saruskranichen, die bis zu 1,70 m groß werden – größer als ich. Die Stars des tierischen Ensembles sind aber fraglos die rosa Flamingos, die elegant durch das flache Wasser staksen. Als sich der Schwarm in den Himmel erhebt und als rosa Wolke über unser Camp zieht, fühle ich mich wie im Märchen aus 1001 Nacht. Gekrönt wird das Ganze noch von einem goldroten Sonnenuntergang am palmengesäumten See – fast zu kitschig, um wahr zu sein. Auch tagsüber umgibt uns eine abwechslungsreiche Tier- und Pflanzenwelt: Smaragdgrüne Papageien, blauschillernde Eisvögel, Mungos und Streifenhörnchen, die mit aufgestelltem Schwanz davon flitzen. Wir sehen sogar Nilgai Antilopen, die größten Antilopen Indiens, auch „Blaue Kühe“ genannt. 48 48